Klein gegen Groß?

Klein gegen Groß: Warum Kinder mehr von Erwachsenen lernen, als wir denken

Kinder sind von Natur aus sehr neugierig und wissbegierig. Sie beobachten, imitieren und saugen Informationen auf wie kleine Schwämme. Ich sage immer zu den Menschen aus unserem Umfeld: ‚Kinder klauen mit den Augen‘
Was uns Erwachsenen oft gar nicht bewusst ist: Kinder lernen viel mehr von uns, als wir denken. Dabei geht es nicht nur um das, was wir ihnen direkt beibringen, sondern auch um das, was sie aus unserem Verhalten, unseren Emotionen und unseren sozialen Interaktionen mitnehmen.

Kinder als aufmerksame Beobachter

Schon früh entwickeln Kinder eine unglaubliche Fähigkeit, ihre Umwelt zu beobachten und daraus Schlüsse zu ziehen. Selbst Kleinkinder sind in der Lage, komplexe Verhaltensweisen zu erkennen und nachzuahmen. Sie schauen uns beim Sprechen, Handeln und Reagieren zu – und lernen dabei. Sie sehen, wie wir Konflikte lösen, wie wir mit Herausforderungen umgehen und wie wir miteinander kommunizieren. Besonders in den ersten Lebensjahren ist dieses Lernen durch Beobachtung von entscheidender Bedeutung.

Beispiele dafür gibt es im Alltag genug: Ein Kind, das sieht, wie seine Eltern höflich „Bitte“ und „Danke“ sagen, wird dies eher übernehmen, als wenn es nur theoretisch erklärt bekommt, dass diese Wörter wichtig sind. Kinder plappern nicht nur unsere Worte nach, sondern auch unsere Körpersprache und Mimik. Sie merken, ob wir etwas nur aus Höflichkeit sagen oder es auch wirklich so meinen.

Das Vorbild sein: Was Kinder von unserem Verhalten lernen

Die Tatsache, dass Kinder durch Nachahmung lernen, bedeutet, dass unser Verhalten oft viel mehr Einfluss hat, als das, was wir ihnen direkt beibringen wollen. Wenn wir also möchten, dass Kinder bestimmte Werte und Verhaltensweisen entwickeln, ist es wichtig, dass wir diese auch selbst vorleben.

  1. Umgang mit Emotionen: Kinder beobachten genau, wie Erwachsene mit Emotionen wie Wut, Traurigkeit oder Freude umgehen. Wir müssen ihnen vorleben, dass es in Ordnung ist, Gefühle zu haben. Genauso lernen sie von uns dass es gesunde Wege gibt, mit ihnen umzugehen, ihre eigenen Emotionen besser zu verstehen und auszudrücken.
  2. Respekt und Empathie: Wie wir mit anderen Menschen sprechen und sie behandeln, prägt die Sichtweise der Kinder auf zwischenmenschliche Beziehungen. Wenn sie sehen, dass wir andere respektvoll behandeln und auf die Gefühle anderer Rücksicht nehmen, entwickeln sie ein stärkeres Bewusstsein für Empathie und soziale Verantwortung.
  3. Problemlösung und Resilienz: Kinder lernen von uns, wie man mit Problemen und Rückschlägen umgeht. Wenn wir ihnen zeigen, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen und dass es wichtig ist, aus ihnen zu lernen, entwickeln sie Resilienz. Sie sehen, dass Schwierigkeiten Teil des Lebens sind und dass es immer einen Weg gibt, mit ihnen umzugehen.

Der Einfluss unbewusster Verhaltensweisen

Was viele Erwachsene nicht bedenken, ist, dass Kinder auch unbewusste Verhaltensweisen aufnehmen. Dazu gehören Reaktionen in stressigen Situationen, der Umgang mit digitalen Medien oder sogar unsere Beziehung zu unserer eigenen Gesundheit. Ich finde, dass sind auch sehr wichtige Punkte, da man sie oft einfach nicht auf dem Schirm hat.

  • Stressmanagement: Wenn Kinder sehen, dass Erwachsene in Stresssituationen ruhig und besonnen bleiben, lernen sie, dass Stress etwas ist, das bewältigt werden kann. Wenn wir jedoch in Stressmomenten gereizt oder überfordert reagieren, nehmen sie das als mögliche Reaktion mit.
  • Mediennutzung: Unsere Beziehung zu digitalen Medien ist ein weiterer Aspekt, den Kinder intensiv beobachten. Wenn sie sehen, dass wir viel Zeit am Smartphone oder Laptop verbringen, während wir mit ihnen zusammen sind, übernehmen sie möglicherweise diese Angewohnheiten. Kinder lernen von uns, wie und wann digitale Medien genutzt werden und wie sie ihr Leben beeinflussen.
  • Gesundheit und Selbstfürsorge: Auch unser Umgang mit Ernährung, Bewegung und allgemeinem Wohlbefinden wird von Kindern beobachtet. Sie lernen von uns, wie wichtig es ist, auf den eigenen Körper zu achten, sich gesund zu ernähren und sich regelmäßig zu bewegen.

Kinder brauchen Vorbilder, keine perfekten Eltern

Manchmal fühlen sich Eltern unter Druck gesetzt, immer das perfekte Vorbild für ihre Kinder sein zu müssen. Doch Kinder brauchen keine perfekten Eltern – sie brauchen reale Menschen, die authentisch sind und auch Fehler machen. Es ist wichtig, dass wir ihnen zeigen, dass niemand unfehlbar ist und dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen und daraus zu lernen.

Indem wir ehrlich zu unseren Kindern sind, ihnen unsere eigenen Schwächen zeigen und offen über Herausforderungen sprechen, lernen sie, dass das Leben nicht immer geradlinig verläuft und dass es okay ist, manchmal zu scheitern. Diese Offenheit stärkt das Vertrauen und zeigt Kindern, dass sie nicht allein sind, wenn sie sich mit ihren eigenen Problemen konfrontiert sehen.
Streiten die Eltern untereinander vor dem Kind, ist das keinesfalls schlimm. Wichtig dabei ist, dass es nicht ausartet, handgreiflich wird und dass sie sich auch vor dem Kind wieder vertragen.

Wie wir bewusst positive Lernumgebungen schaffen

Es ist nicht nur wichtig, was Kinder von uns unbewusst lernen, sondern auch, wie wir bewusst positive Lernumgebungen für sie schaffen können. Hier sind einige Tipps, wie wir das Beste aus unserer Vorbildfunktion herausholen:

  1. Bewusst miteinander Zeit verbringen: Schaffe Momente, in denen du ganz bewusst für dein Kind da bist. Ob es ein gemeinsames Spiel ist, eine Unterhaltung beim Abendessen oder das gemeinsame Lesen eines Buches – diese ungeteilte Aufmerksamkeit zeigt dem Kind, dass es wichtig ist.
  2. Positive Kommunikation: Achte darauf, wie du mit deinem Kind und anderen Menschen sprichst. Positive, respektvolle Kommunikation prägt das Bild, das Kinder von Beziehungen haben. Indem du deinem Kind zuhörst und es ernst nimmst, gibst du ihm das Gefühl, wertgeschätzt zu werden.
  3. Gemeinsame Aktivitäten fördern: Unternehmungen wie Kochen, Basteln oder Gartenarbeit bieten hervorragende Gelegenheiten, Kindern wichtige Fähigkeiten und Werte beizubringen. Gleichzeitig stärkt es die Bindung zwischen Eltern und Kind. Win Win quasi.

Fazit: Kinder lernen ständig – und wir können sie bewusst begleiten

Kinder lernen ständig – von dem, was wir tun, sagen und wie wir uns verhalten. Sie nehmen mehr auf, als wir oft glauben, und viele ihrer Gewohnheiten und Einstellungen werden durch unser Vorbild geformt. Das bedeutet, dass wir als Erwachsene eine enorme Chance haben, ihnen positive Werte und Verhaltensweisen mit auf den Weg zu geben.

Indem wir uns dieser Verantwortung bewusst sind und aktiv daran arbeiten, positive Lernumgebungen zu schaffen, können wir einen großen Einfluss auf die Entwicklung unserer Kinder nehmen – nicht durch Perfektion, sondern durch Authentizität, Liebe und Geduld.

Quellen:
Buch:
Artgerecht – das andere Babybuch*
Artgerecht – das andere Kleinkinderbuch*

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